Freitag, 21. August 2015

Die Ersten Tage

Meine ersten Tage waren gleichzeitig die letzten Tage meiner Vorgänger. Aus diesem Grund durften Paul und ich mehreren Abschiedsfeiern beiwohnen. Diese Abschiede waren ganz anders als erwartet.
Im Incubator gab es zu Beginn ein großes Festmahl, zubereitet von einigen Mamas des Dorfes. Darauf folgte eine Reihe sehr emotionaler Reden von jedem Anwesenden (ca. 25 Personen), welche zusätzlich entweder ins Englische bzw. in Xhosa übersetzt wurden. Doch die traurige Stimmung wechselte von jetzt auf gleich. Plötzlich wurde gesungen, getanzt und gelacht.
Die gesamte Feier war so beeindruckend, dass ich es kaum für möglich gehalten hätte, das dies nochmal getoppt werden kann...

Am Donnerstag jedoch fand die Farewell-Feier in der Xhora Mouth JSS statt. Die gesamte Schülerschaft (ca. 500 Learners) und der gesamte Lehrkörper veranstalteten einen sehr bewegenden und schönen Abschied, ja fast schon eine Abschiedszeremonie. Es wurden Gebete gesprochen, noch längere, emotionale Reden gehalten. Immer wieder unterbrochen durch Lieder des Schülerchors. Zum Abschluss erhielten Jan und Leon (unsere Vorgänger) jeweils einen extra angefertigten Award für ihre Dienste an der Schule.
Das mit Abstand Beste kam jedoch unerwartet. Die Verabschiedung war schon vorbei und wir waren dabei das Schulgelände zu verlassen, als auf einmal über 200 Schüler laut singend hinter einer Ecke auftauchten und ein letztes Lied für unsere Vorgänger performten. Gänsehaut pur!

Der Schülerchor

Am Freitag, den 14. August war es dann endlich soweit: Unser erster Tag als Lehrer.
Er startete wie jeder Tag bisher um 7 Uhr morgens mit einer kurzen, aber warmen Dusche in der „Bulungula Lodge“, welche ca. 400m von unserem Haus entfernt ist. Nach einem sättigenden Frühstück schauten wir schnell im Incubator vorbei, um kurze Zeit später Richtung No-Ofisi JSS aufzubrechen. Es sind zwar nur ungefähr 1,5km Luftlinie bis zur Schule, doch aufgrund der ganzen Hügel braucht man 30 Minuten zu Fuß.
Der Mathe Unterricht ging von 9 bis 12 Uhr, danach machten wir uns wieder auf den Heimweg. Der erste Tag als Lehrer war damit erfolgreich beendet. Alles hatte gut funktioniert und die Kinder der Grade 2 waren ebenfalls mit vollem Eifer dabei gewesen. Der Weg nach Hause ist dann auch jedes mal ein Erlebnis für sich, da die Kinder natürlich „Mister Mo“ und „Mister Paul“ auf deren Heimweg begleiten wollen, sodass uns nach kürzester Zeit eine Schar Schulkinder folgt.

Mister Paul bei der Arbeit: Matheunterricht

Nach dem anstrengenden Vormittag hatten Paul und ich die große Ehre, zu einer traditionellen Toten-Verabschiedung eingeladen zu sein. Es war zwar etwas befremdlich, dass wir beide, zwei weiße 18-jährige, seit einer Woche in Bulungula, auf einer Bank Platz nehmen durften, während die Mamas auf dem Boden saßen.

Dennoch war es eine sehr bewegende Zeremonie. Nach 20 Minuten war alles vorbei mit einem letzten Gebet. Man bekam den Eindruck, als wäre die Verstorbene mithilfe der Lieder und Gebete aus der Hütte ins Jenseits befördert worden. Direkt im Anschluss wurde wieder gescherzt, gelacht und sich unterhalten. Die Trauer war wie weggezaubert...





Donnerstag, 20. August 2015

Bulungula

Am frühen Morgen des 10. Augusts brachen wir 6 Freiwillige zusammen mit Brett und Lars Richtung Nord-Osten auf. Die Ziele: Bulungula und Coffee Bay.
Nach circa 90 Minuten Fahrt überquerten wir den „Kei-River“, den Grenzfluss zwischen Südafrika und der ehemaligen Transkei. Die Transkei als ehemaliges Homeland während der Apartheid gilt als eine der ärmsten Regionen Südafrikas.
Der Autobahn N2 folgend passierten wir Quno, den Geburtsort von Nelson Mandela. 

Die Crew in Quno


Kurze Zeit später verließen wir die N2 auf eine Landstraße nach Bulungula. Die Infrastruktur änderte sich schlagartig. Durch tiefe Schlaglöcher und überquerende Viehherden wurde unsere Fahrt immer wieder unterbrochen. Spätestens als wir die letzten 40km über eine unbefestigte, straßenähnliche Fahrbahn zurücklegen mussten, realisierten wir den riesigen Unterschied zu Deutschland.
Wir kamen an winkenden Kindern, Feuerholz auf dem Kopf tragenden Frauen, offenen Feuerstellen, Rundhütten, Kühen, Schafen und Ziegen vorbei.
Als wir dann endlich Bulungula erreichten, waren wir trotz Bakkie (Pick-Up) ziemlich durchgeschüttelt und verstaubt.

Bulungula... (im Hintergrund: Der Ozean)

Wir hielten auf einem Hügel an, um uns einen ersten Überblick über die atemberaubende Landschaft zu machen. Als ich mein Haus aus einiger Entfernung zum ersten Mal sah, war ich sprachlos. Dieser Moment war unbeschreiblich! Ich konnte nicht realisieren, dass ich ein ganzes Jahr in diesem Haus an diesem Ort leben würde. Dies dauerte auch noch einige Tage...

Dank eines Overlaps von 4 Tagen lernten Paul und ich am selben Tag unsere Vorgänger Jan und Leon kennen, was sich im Laufe der Tage als äußerst gut und hilfreich erweisen sollte. Außerdem wurden wir beide den Direktoren des „Bulungula Incubators“ vorgestellt.

Doch unsere erste Begegnung mit Bulungula endete recht schnell, da die anderen 4 Freiwilligen ebenfalls zu ihrer Einsatzstelle in Coffee Bay sollten. Somit verbrachten wir unsere erste Nacht in der Transkei auf Matratzen im Häuschen der Freiwilligen aus Coffee Bay.

...und unser Haus

Der Flug

Am 8. August um 20.20 Uhr hatte das Warten endlich ein Ende. Ich betrat das Flugzeug von South Africa Airways am Frankfurter Flughafen, zusammen mit meinem Projektpartner Paul und 4 weiteren Südafrika-Freiwilligen.
Nach einer Woche voller Abschiede und letzter Vorbereitungen war ich sehr froh und gleichzeitig aufgeregt, endlich meine lange Reise anzutreten. Dadurch, dass ich nicht alleine fliegen musste, verging der Flug relativ schnell. Nur schlafen konnte ich nicht. :(

Fast 11 Stunden später landete unser Flieger (Airbus A340) in Johannesburg. Nachdem wir uns fast 3 weitere Stunden durch Passkontrolle, Gepäck Auf - und Abgabe sowie Zoll gekämpft hatten, mussten wir noch 5 Stunden auf unseren Anschlussflug nach East London warten.
Der Flug nach E.L. verlief reibungslos und um 17.30 Uhr am 9. August, als wir das Rollfeld des Airports betraten, atmeten wir das erste Mal südafrikanische Luft. Zu dem Zeitpunkt realisierte noch keiner von uns, dass unser Freiwilliges Jahr begonnen hatte.

Abgeholt wurden wir von unseren Mentoren und Ansprechpartnern vor Ort, Brett Armstrong und Lars Koenig.

Der erste südafrikanische Sonnenaufgang